Wirtschaftskrise und Kampf gegen den Nationalsozialismus (1929 - 1933): Teil 5 Am Rande des Bürgerkriegs

Aber nicht nur die Arbeitslosen wurden von der Krise hart getroffen. Auch die Arbeiter, die ihren Arbeitsplatz behielten, mussten immer wieder Lohnkürzungen hinnehmen. Die Gewerkschaften waren dagegen machtlos. Bei dieser großen Zahl von Arbeitslosen konnte man keinen Streik organisieren! Zu groß war die Zahl der Arbeitswilligen, die nur darauf gewartet hätten, den Arbeitsplatz eines streikenden Arbeiters zu übernehmen. So blieb den Gewerkschaften wieder einmal nichts anderes übrig, als auf dem Preissektor statt auf dem Lohnsektor zu arbeiten. Sie mussten versuchen, alles zu tun, um angesichts der Lohnkürzungen auch entsprechende Preissenkungen durchzusetzen oder zumindest weitere Preiserhöhungen vor allem bei den lebensnotwendigen Gütern zu verhindern.

So rief zum Beispiel der Burgauer Gewerkschaftsverein im Oktober 1930 zum Bierboykott auf, nachdem die örtlichen Gastwirte den Bierpreis hinaufgesetzt hatten. Ein besonders problematisches Kapitel war der Milchpreis, gegen dessen Höhe schon 1930 das Günzburger Gewerkschaftskartell und die SPD-Stadtratsfraktion Sturm liefen. Als dann die Bauern in Günzburg, wie auch in anderen Orten im Landkreis, im Winter 1932 einen Milcherzeugerverband gründeten drohte ein regelrechter „Milchkrieg“ auszubrechen, auf dessen Höhepunkt die Gewerkschaft drohte, die Preisabsprachen des örtlichen Milcherzeugerverbandes dadurch zu unterlaufen, dass sie ihre Mitglieder zu einem organisierten Boykott der in Günzburg produzierten Milch und zum direkten Kauf bei den Bauern im Umland aufrufen werde. Zwar erkannten Gewerkschaft und SPD die Notlage der Landwirtschaft an, doch auf der anderen Seite war es auf Dauer nicht tragbar, dass die Milchpreise in Günzburg an die Preise in den Großstädten heranreichten oder dass auf die Abgabe von Frischmilch ein Aufschlag von 100% im Vergleich zur Werksmilch erhoben wurde. Anstoß wurde weniger an den Erzeugerpreisen, den die ebenfalls notleidenden Landwirte erhielten, sondern an den unverhältnismäßig hohen Profiten des Zwischenhandels genommen.

Auch die SPD-Stadtratsfraktion arbeitete unermüdlich daran, die finanziellen Belastungen der notleidenden Bevölkerung, wo immer es möglich war, zu verringern. So bemühte sie sich z.B. um Gebührensenkungen bei den städtischen Einrichtungen oder um die Senkung der Krankenhauspflegesätze. Sie protestierte energisch gegen der Erhebung des Wasserzinses, der von den Einwohnern als „Kopfsteuer“ empfunden wurde, oder gegen die Erhebung der Biersteuer, die sie – angesichts der Tatsache, dass für den Wein, den sich damals nur die „besseren Kreise“ leisten konnten, keine Steuer erhoben wurde – als ungerecht empfand. Sie kämpfte mit allem Nachdruck gegen die Einführung der Bürgersteuer und schlug stattdessen die Einführung der Wohnluxussteuer vor, wodurch vor allen Dingen die besser verdienenden Bevölkerungsschichten stärker zur Kasse gebeten worden wären. Mit derartigen Forderungen stieß die SPD-Fraktion, jedoch auf taube Ohren bei der bürgerlichen Mehrheit, die trotz der offenkundigen Not nur sehr zäh zu Zugeständnissen zu bewegen war.

Während die bürgerlichen Stadträte noch gelegentlich mit sich reden ließen, trug die NS-Stadtratsfraktion ihre tiefe Feindschaft gegen die SPD offen zur Schau. Der Stadtrat war nicht mehr nur ein Ort geistiger Auseinandersetzung, Tumulte und Tätlichkeiten waren immer stärker an der Tagesordnung. Dass Deutschland damals am Rande eines Bürgerkrieges schwebte bekam auch der Landkreis, insbesondere aber die Stadt Günzburg zu spüren.

Aber nicht nur die Arbeitslosen wurden von der Krise hart getroffen. Auch die Arbeiter, die ihren Arbeitsplatz behielten, mussten immer wieder Lohnkürzungen hinnehmen. Die Gewerkschaften waren dagegen machtlos. Bei dieser großen Zahl von Arbeitslosen konnte man keinen Streik organisieren! Zu groß war die Zahl der Arbeitswilligen, die nur darauf gewartet hätten, den Arbeitsplatz eines streikenden Arbeiters zu übernehmen. So blieb den Gewerkschaften wieder einmal nichts anderes übrig, als auf dem Preissektor statt auf dem Lohnsektor zu arbeiten. Sie mussten versuchen, alles zu tun, um angesichts der Lohnkürzungen auch entsprechende Preissenkungen durchzusetzen oder zumindest weitere Preiserhöhungen vor allem bei den lebensnotwendigen Gütern zu verhindern.

So rief zum Beispiel der Burgauer Gewerkschaftsverein im Oktober 1930 zum Bierboykott auf, nachdem die örtlichen Gastwirte den Bierpreis hinaufgesetzt hatten. Ein besonders problematisches Kapitel war der Milchpreis, gegen dessen Höhe schon 1930 das Günzburger Gewerkschaftskartell und die SPD-Stadtratsfraktion Sturm liefen. Als dann die Bauern in Günzburg, wie auch in anderen Orten im Landkreis, im Winter 1932 einen Milcherzeugerverband gründeten drohte ein regelrechter „Milchkrieg“ auszubrechen, auf dessen Höhepunkt die Gewerkschaft drohte, die Preisabsprachen des örtlichen Milcherzeugerverbandes dadurch zu unterlaufen, dass sie ihre Mitglieder zu einem organisierten Boykott der in Günzburg produzierten Milch und zum direkten Kauf bei den Bauern im Umland aufrufen werde. Zwar erkannten Gewerkschaft und SPD die Notlage der Landwirtschaft an, doch auf der anderen Seite war es auf Dauer nicht tragbar, dass die Milchpreise in Günzburg an die Preise in den Großstädten heranreichten oder dass auf die Abgabe von Frischmilch ein Aufschlag von 100% im Vergleich zur Werksmilch erhoben wurde. Anstoß wurde weniger an den Erzeugerpreisen, den die ebenfalls notleidenden Landwirte erhielten, sondern an den unverhältnismäßig hohen Profiten des Zwischenhandels genommen.

Auch die SPD-Stadtratsfraktion arbeitete unermüdlich daran, die finanziellen Belastungen der notleidenden Bevölkerung, wo immer es möglich war, zu verringern. So bemühte sie sich z.B. um Gebührensenkungen bei den städtischen Einrichtungen oder um die Senkung der Krankenhauspflegesätze. Sie protestierte energisch gegen der Erhebung des Wasserzinses, der von den Einwohnern als „Kopfsteuer“ empfunden wurde, oder gegen die Erhebung der Biersteuer, die sie – angesichts der Tatsache, dass für den Wein, den sich damals nur die „besseren Kreise“ leisten konnten, keine Steuer erhoben wurde – als ungerecht empfand. Sie kämpfte mit allem Nachdruck gegen die Einführung der Bürgersteuer und schlug stattdessen die Einführung der Wohnluxussteuer vor, wodurch vor allen Dingen die besser verdienenden Bevölkerungsschichten stärker zur Kasse gebeten worden wären. Mit derartigen Forderungen stieß die SPD-Fraktion, jedoch auf taube Ohren bei der bürgerlichen Mehrheit, die trotz der offenkundigen Not nur sehr zäh zu Zugeständnissen zu bewegen war.

Während die bürgerlichen Stadträte noch gelegentlich mit sich reden ließen, trug die NS-Stadtratsfraktion ihre tiefe Feindschaft gegen die SPD offen zur Schau. Der Stadtrat war nicht mehr nur ein Ort geistiger Auseinandersetzung, Tumulte und Tätlichkeiten waren immer stärker an der Tagesordnung. Dass Deutschland damals am Rande eines Bürgerkrieges schwebte bekam auch der Landkreis, insbesondere aber die Stadt Günzburg zu spüren.

Einer der Höhepunkte der Auseinandersetzungen zwischen SA und Reichsbanner war die Reichspräsidentenwahl im Frühjahr 1932, bei der Adolf Hitler gegen den greisen Feldmarschall Hindenburg antrat. Die Nazis rechneten fest mit dem Sieg ihres „Führers“ und trafen Vorkehrungen für eine baldige Machtübernahme. In ihrer Siegesgewissheit riefen die SA-Leute am Morgen der Wahl dem SPD-Kreisvorsitzenden Geiselhart auf der Straße zu: „Otto, morgen wirst du käsen müssen!“ (Otto Geiselhart, Krankenkassenverwalter, war vor dem ersten Weltkrieg Käser gewesen).

Die „Schwäbische Volkszeitung“ (SPD) berichtete über den Wahltag in Günzburg:

„In Günzburg hatten am Sonntag die Nationalsozialisten ihre Sturmtruppe zusammen gezogen. Ebenso waren im Entenkeller in Burgau die Nationalsozialisten vorschriftsmäßig ausgerüstet und mit Lebensmitteln versehen aus dem Burgauer Bezirk einberufen. Zweck dieser Zusammenziehung war, wie die Nationalsozialisten öffentlich herumzählten, bei einem Sieg Hitlers die ihnen nicht genehmen Beamten usw. abzusetzen und durch ihre Parteigänger zu ersetzen. Wir nehmen ja ohne weiteres an, dass dabei viele Sprüche gemacht wurden, aber auf alle Fälle hätte man für eine Siegesfeier keine Ausrüstung, keine Tornister und Lebensmittel für einige Tage benötigt. In Günzburg wird fest behauptet, dass Nationalsozialisten im Sinn hatten, das Parteilokal der Sozialdemokraten zu stürmen, den Führer der Günzburger Sozialdemokraten, den Genossen Geiselhart, gewaltsam herauszuholen und in der Stadt herumzuführen. So schnell wäre dies allerdings nicht gegangen, denn ca. 200 aufrechte Republikaner und Kämpfer der Eisernen Front standen bereit, den Versuch gleich im Keim zu ersticken. Was dabei herausgekommen wäre, ist ganz klar; kampflos hätte sich die Arbeitnehmerschaft diesen Verbrechern gegenüber nicht ergeben...“

Doch die „Siegesfeier“ musste abgeblasen werden, Hitler musste eine Niederlage einstecken, die Nazis waren vorläufig abgeschlagen. Vorläufig.