Das große, zentrale Problem war damals natürlich die furchtbare Arbeitslosigkeit. Die Kommunisten witterten hier ihre große Chance und versuchten überall „Erwerbslosenausschüsse“ ins Leben zu rufen, die selbstverständlich unter der Leitung kommunistischer Funktionäre zu stehen hatten. Zwar kamen an einigen Orten derartige Ausschüsse zustande, z.B. in Günzburg oder Ichenhausen, doch fanden diese nur wenige Anhänger unter den Erwerbslosen. Denn die Kommunisten waren zu spät dran.
Schon in den „normalen Jahren“ (1925-1928) hatten SPD und ADGB mit der Organisierung der Arbeitslosen begonnen, denn schon damals gab es zumindest in den Wintermonaten eine stattliche Anzahl von Menschen ohne Arbeit. In den Wintermonaten wurden regelmäßig Arbeitslosenabende abgehalten, auf denen beraten wurde, welche Maßnahmen am ehesten zur Linderung der Not geeignet seien, sodann Eingaben an den Stadtrat formuliert und die SPD-Stadtratsfraktion damit beauftragt, das Anliegen der Erwerbslosen im Stadtrat in geeigneter Weise vorzubringen.
In den Krisenjahren 1929-1932 vervielfachten sich die Anstrengungen der SPD-Stadtratsfraktion, das Los der unverschuldet in Not geratenen Mitbürger zu erleichtern. Es verging kaum eine Stadtratssitzung, in der nicht von der SPD-Fraktion ein oder mehrere Initiativanträge gestellt wurden, viele wurden von der Stadtratsmehrheit abgelehnt, viele aber auch gebilligt. Die Günzburger SPD-Fraktion wurde zum Motor des städtischen Arbeitsbeschaffungsprogramms.
Im Jahr 1932 auf dem Höhepunkt der Krise, gelang es in der Stadt Günzburg, fast allen Erwerbslosen bei „Notstandsarbeiten“, die von der Stadt finanziert wurden, zu beschäftigen und dadurch mit einem Minimum an Einkommen und Brot zu versorgen. Die Erwerbslosen wurden zum Holzfällen und Holzmachen herangezogen – nachdem die SPD-Fraktion beantragt hatte, dass in der Krisenzeit das Holzmachen durch die Häftlinge (im Stadtgefängnis) unterbleiben solle. Die Ulmer Straße wurde von „Notstandsarbeitern“ repariert und ausgebaut, nachdem die SPD-Fraktion schon jahrelang die Instandsetzung dieser Straße gefordert hatte. Andere Arbeitsgelegenheiten für Erwerbslose ergaben sich beim Bau der städtischen Tierzuchthalle, bei Kanalisationsarbeiten usw. daneben beantragte die SPD-Fraktion auch unmittelbare finanzielle Hilfen für die erwerbslosen („Winterhilfe“), städtische Zuschüsse zum Bezirksfürsorgeverband usw.
Die Günzburger Arbeitslosen (in Günzburg gab es auch die meisten Arbeitslosen im Landkreis) waren relativ gut umsorgt. Neben den Notstandsarbeiten wurden von der Stadt auch Kleingärten auf städtischem Grund für sie zur Verfügung gestellt, ein Kleingartenverein (Vors. Anton Seitz) wurde rasch gegründet. Daneben wurde in den Wintermonaten wöchentlich eine „Feierstunde für erwerbslose“ abgehalten mit selbstverständlich kostenlosen kulturellen Darbietungen, sozialpolitischen Vorträgen (Geiselhart) oder auch speziellen Kochkursen „für die besonders schmale Küche“ zur ausgiebigen Verwertung billigster Nahrungsmittel. Nicht zu vergessen die regelmäßigen Wohltätigkeitsveranstaltungen, die die Arbeiterwohlfahrt Günzburg mit Hilfe aller freien Vereine abhielt und deren Erlös den Erwerbslosen zugute kam.
Doch trotz aller Hilfsmaßnahmen blieb die Not groß. Um sich und ihre Familien über Wasser zu halten, waren viele Arbeitslose gezwungen, ihre Frauen oder Kinder zu den Bauern zum Betteln zu schicken. Besonders hart betroffen war die Bühler Arbeiterbevölkerung. Hier musste der Gemeinderat im Winter 1932/33 die Zahlungsunfähigkeit anmelden, weil die gesamten Geldmittel der Gemeinde für die Auszahlung der Arbeitslosenunterstützung aufgebraucht worden waren.