Die Revolution (1918/19), Widerstand gegen die Räterepublik

Wenige Wochen nach der Landtagswahl, am 23.Februar 1919, wurde Kurt Eisner von einem rechtsradikalen Fanatiker ermordet, bald darauf übernahmen in München die Räte die Macht, die sozialdemokratische Regierung Hofmann floh nach Bamberg. Bayern war zur (kommunistischen) Räterepublik geworden.

Am 10.April fand eine große Kundgebung im Günzburger Stadtgarten statt, die von Menschen aus allen Schichten und Anhängern aller Parteien zahlreich besucht wurde. Neben Hauptlehrer Höscheler, Bauernbundführer Theodor Dirr und Bürgermeister Hanner sprachen als Vertreter der organisierten Arbeiterschaft der Landtagsabgeordnete Otto Geiselhart und der Gutsaufseher Anton Blank. Alle Redner beschworen, dass es in dieser schweren Situation zu einer Verständigung zwischen Arbeiterschaft und Bürgertum kommen müsse. Einstimmig wurde dann von der Versammlung eine von Geiselhart ausgearbeitete Resolution gegen die Räterepublik angenommen. Auch an anderen Orten im Landkreis fanden ähnliche Versammlungen unter Beteiligung der organisierten Arbeiterschaft statt, und überall wurde die Räteherrschaft einhellig abgelehnt.

Die Eintracht und Harmonie zwischen den Ständen hielt nicht lange vor. Schon wenige Tage später begannen prominente Vertreter des Bürgertums (z.B. Bürgermeister hanner, Schriftleiter Graf, Bildhauer Hirsch) die werbetrommel für die Bildung von bewaffneten Bürgerwehren zu rühren, angeblich um der "bolschewistischen Flut" Einhalt zu gebieten. Da aber eigentlich überhaupt keine ernsthafte, akute Bedrohungssituation bestand, vermutete die organisierte Arbeiterschaft (nicht ganz zu Unrecht, wie sich später herausstellte), dass diese Bürgerwehren eher der Einschüchterung und Zurückdrängung der örtlichen Arbeiterschaft dienen sollten. deshalb traten die Vertreter der Arbeiter diesen Bestrebungen entgegen. Besonders energisch und mutig tat sich dabei der Günzburger Sozialdemokrat Anton Blank hervor, der sich auch nicht scheute, auf Versammlungen des Bürgertums, also sozusagen "in der Höhle des Löwen", das Wort zu ergreifen und seine Meinung - trotz erregter und beleidigender Zwischenrufe - ruhig und mit Nachdruck zu sagen.

Die erste Gemeinde, in der eine Bürgerwehr zustande kam war Burtenbach. Die Führung übernahm der Vorsutzende des örtlichen Veteranenvereins Revierförster Karg (der spätere Ortsgruppenleiter der NSDAP). Auch in günzburg und an anderen Orten (Leipheim, Ichenhausen, Anhofen) sind Bürgerwehrgründungen erfolgt. Die Günzburger Truppe zählte - laut Presseberichten - etwa 500 Mann, die Führung lag bei dem Goldschmied und Juwelier Xaver Seefelder. An vielen Orten scheiterten jedoch die Gründungsversuche. Immer häufiger ertönte in Versammlungen der Ruf: "Jetzt sollen die mal den Kopf hinhalten, die zu Hause geblieben sind! Die Kriegsgewinnler und Drückeberger sollen sich selber verteidigen!" Nach der Niederschlagung der Räteherrschaft in München verschwanden die Bürgerwehren recht bald von der Bildfläche.

Den endgültigen Abschluß der Übergangszeit von der Monarchie zum neuen, demokratischen Staat bildeten die Kommunalwahlen im Juni 1919. Die Zeit der Arbeiter-, Soldaten- und Bauernräte ging zu Ende. In den Kleinstädten und Gemeinden mit relativ starker Arbeiterbevölkerung rückten anstelle der Arbeiterräte nun die demokratisch gewählten SPD-Vertreter in die Gemeinderäte ein. im Bezirkstag (Kreistag) war die SPD durch fünf Männer vetreten, u.a. durch Otto Geiselhart aus Burgau. Eine neue Ära - mit neuen Aufgaben und Belastungen für die sozialdemokratische Arbeiterbewegung - begann.